Sunday, 27 August 2023
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Auch die Verbände mischen im diesjährigen Wahlkampf aktiv mit. Die effizientesten Lobbyisten stehen im Schweizer System schliesslich nicht in der Wandelhalle rum, sondern sitzen im Rat und vor allem in den Kommissionen. Aus Sicht der Kandidaten ist Hilfe im Wahlkampf grundsätzlich willkommen. Wenn es vom Profil her passt, dann gerne auch wiederholt und mit aller Kraft: Spenden, Testimonial, Inserate, Plattform in der Verbandszeitschrift. Oder wie man im Journalismus sagt: “Beat the big story hard”. Allerdings muss man auch aufpassen, dass man nicht allzu sehr als Verbandvertreter wahrgenommen wird. Unternehmertum, Engagement, «Advocacy» und Erfolg als Arzt oder Wissenschafterin haben mehr Ausstrahlung auf die Wählerinnen und Wähler als Vereinsmeierei.
In der Vergangenheit sind mir weder der Hauseigentümerverband, noch der Gewerbeverband, die Gewerkschaften oder der Baumeisterverband als Wahlkampfmaschinen aufgefallen. Was die Umweltverbände betreffend Campaigning trotz beachtlicher finanzieller Ressourcen auf die Beine bringen, haben wir bei der Abstimmung über das CO2-Gesetz schmerzhaft erfahren. Im Wahlkampf waren die Umweltverbände in der Vergangenheit dann jeweils derart besorgt, sich überparteiisch zu geben, dass sie sich weitgehend mit einem Ranking der Kandidaten begnügten. Und selbst die bei Volksabstimmungen schlagkräftige Operation Libero kam im letzten eidgenössischen Wahlkampf ins Schleudern. Die gross angekündigte Kampagne im Stil eines amerikanischen Super-PACs zur Unterstützung ausgewählter Reformerinnen und Reformer, versandete.
Von mir aus gesehen gibt es zwei Verbände, die im Wahlkampf wirklich Stimmen bringen: der Bauernverband in der Deutschschweiz und die ASLOCA in der Westschweiz. Was sind deren Erfolgsrezepte?
Bäuerinnen und Bauern sind in der Öffentlichkeit generell sehr präsent und werden daher stark wahrgenommen. Sie nehmen auch unabhängig von der Politik ausgiebig am sozialen Leben Teil (Chöre, Vereine, lokale Verwurzelung). Bauern sind in der Bevölkerung Sympathieträger, sie werden mit harter Arbeit assoziiert. Zudem ist es auch eine ganz spezielle Branche: praktisch jeder Schweizer findet im Stammbaum vor wenigen Generationen Wurzeln in der Landwirtschaft. Die Bauernfamilien haben eine starke Beteiligung an den Wahlen. Die Familien sind auch nach wie vor relativ gross und auch die Bindung zur Landwirtschaft ist über Generationen hinweg stark. Schliesslich hält die Branche zusammen: wird ein Bauer gewählt, spüren die anderen Bauern keinen Futterneid, sondern freuen sich und unterstützen ihn.
Der Erfolg der ASLOCA in der Westschweiz hat hingegen vor allem mit dem hohen Organisationsgrad zu tun. In Genf beispielsweise, wo die ASLOCA schon seit langer Zeit bemerkenswerte Wahlerfolge einfährt, sind 1/5 der Haushalte Mitglied, was sehr hoch ist. Und auch in den anderen Westschweizer Kantonen wie in der Waadt oder in Neuenburg ist der Organisationsgrad hoch. Es ist kein Zufall, dass die SP in allen diesen Kantonen auch Ständeratswahlen gewinnen kann.
Zudem ist die Betroffenheit allgemein stark: die Schweiz ist ein Land, in dem überdurchschnittlich viele Menschen Wohnungen mieten. Das Thema ist auch praktisch konstant aktuell, denn bezahlbarer Wohnraum notabene in den Städten ist seit Jahrzehnten ein politischer Dauerbrenner.
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