Sunday, 19 November 2023
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Strategisch gesehen macht man in einem Wahlkampf grundsätzlich zwei Dinge: Entweder versucht man, das eigene Potential optimal zu mobilisieren und auszuschöpfen. Oder man bemüht sich, unentschlossene Wählerinnen und Wähler zu überzeugen.
Nationalratswahlen gewinnt man in der Schweiz fast ausschliesslich dank Mobilisierung und das kann keine Partei besser als die SVP. So erklärt sich der Aufstieg der SVP zur wählerstärksten Partei seit den 1980er Jahre vor allem damit, dass sie ihr Potential viel besser ausschöpft als andere Parteien. Zu einer Mobilisierungsstrategie gehören eine klare Botschaft und ein mitunter polarisierender Stil. Auch wenn man zwei Drittel der Stimmbevölkerung gegen sich hat und sich von den anderen Parteien klar abgrenzt, kann man in der Schweiz so immer noch mit Abstand wählerstärkste Partei sein.
Umgekehrt ist es bei Ständeratswahlen, welche nach dem Majorzverfahren gewählt werden. Es gibt ein paar wenige Kantone, die so konservativ sind, dass es die SVP dort praktisch im Alleingang schafft (so wie die Linke in Basel-Stadt allein gewinnen kann). Aber in den meisten anderen Kantonen steht das Überzeugen bei Ständeratswahlen im Vordergrund und da hat die SVP Mühe. Ich erinnere mich noch gut daran, als die SVP 2011 in SVP-Manier den «Sturm aufs Stöckli» ankündigte mit dem Resultat, dass sie zwei Sitze verlor.
Die SVP hat viele Rösser im Stall, die mehr bekannt als beliebt sind. So ist die Liste der schweizweit bekannten, aber erfolglosen SVP-Ständeratskandidaten lange: Ulrich Giezendanner, Christoph Blocher, Toni Brunner, Roger Köppel, Adrian Amstutz. Ueli Maurer und Albert Rösti wurden zwar später (dank FDP-Stimmen im Parlament und im Fall von Ueli Maurer letztlich nur dank seiner eigenen) in den Bundesrat gewählt. In ihren eigenen Kantonen hatte sie die Stimmbevölkerung aber nicht ins Stöckli gewählt.
Gregor Rutz war Geschäftsführer der SVP während der 00er Jahren, als die Partei ihren aggressiven und in letzter Konsequenz eigentlich unschweizerischen Stil perfektionierte. Einmal in den Nationalrat gewählt, ist er mir mit keinem überparteilichen Projekt für Zürich aufgefallen. Da kann das SVP-Sünneli auf dem Wahlplakat noch so klein sein, ganz vergesslich sind die Wähler halt trotzdem nicht. Die wichtigste Frage für den internationalen und exportorientierten Wirtschaftsstandort Zürich ist das Verhältnis zur EU, und dort stehen Rutz und seine Partei im Abseits.
Ironischerweise gewinnt die SVP vor allem dort Ständeratssitze, wo sie vor ihrem Aufstieg zur grössten Partei bereits stark war. Zum Beispiel in Bern, Schaffhausen oder im Thurgau. Das könnte der SVP Hinweise geben, wie sie es in Zukunft ins Stöckli schaffen kann. Nur der FDP die Schuld für mangelnde Unterstützung geben, reicht nicht.
Ab einem gewissen Punkt ist mobilisieren und überzeugen halt ein Zielkonflikt. Oder anders gesagt: die SVP bezahlt bei Majorzwahlen den Preis für den Erfolg bei Proporzwahlen.
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