Sunday, 25 August 2019
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Ein Gespenst geht um im Schweizer Wahlkampf: Die Frage nach der Bedeutung von Social Media. In der Schweiz haben wir eigentlich drei Arten von Wahlkampagnen:
A) Kampagnen für eine Partei/Liste (gewählt nach Proporz)
B) Kampagnen für eine einzelne Person auf einer Liste (Kandidat oder Kandidatin für Nationalrat oder ein kantonales Parlament)
C) Kampagnen für eine Person gewählt nach Majorz (Ständerat, Regierungrat)
Je nach Art der Kampagne gibt es eine andere Dynamik, ergeben sich andere Zielgruppen und drängen sich andere Instrumente auf. Social Media gehört heute zu praktisch jeder Kampagne grundsätzlich dazu. Besonders vielversprechend ist es aber vor allem bei den Kampagnen nach dem Typ B. Bei solchen Kampagnen zielt man eigentlich auf Wählerinnen und Wähler, die eine Liste verändern, also auf sogenanntes Panaschieren und Kumulieren. Anzahlmässig können wenige Wählerinnen und Wähler einen Unterschied machen. Je nach Kanton und Liste besteht die Zielgruppe aus ein paar tausend Wählerinnen und Wählern. Das heisst aber nicht, dass es deswegen einfach wäre. Diese Leute zu erreichen, ist kein Selbstläufer. Nur weil jemand nett vom Plakat herunter lächelt (wie hunderte andere Kandidaten auch), gehen die wenigsten Wählerinnen und Wähler nach Hause, setzen sich hin, suchen sich die Kandidatennummer raus und verändern eine Liste. Es braucht eine Bindung zum Kandidaten oder zur Kandidatin. Genau hier kommt Social Media ins Spiel. Social Media erlaubt es, mit den eigenen Unterstützern wiederholt und ungefiltert zu kommunizieren, zu interagieren und sie so an den Kandidaten zu binden. Die jüngere Generation im Parlament machts vor: Natalie Rickli war sehr aktiv auf Social Media, Cédric Wermuth, Mattea Meyer und Balthasar Glättli sind es auf der anderen Seite. Zeit, Engagement, politischer Inhalt und eine Prise Humor sind hier wichtiger als Finanzen. Social Media bringt’s also, wenn es der Kandidat selber über eine längere Zeit aufbaut und bewirtschaftet.
Kampagnen nach dem Typ A und C hingegen gehen viel mehr in die Breite. Man braucht zahlenmässig meistens mehr Wählerinnen und Wähler. Dazu – also sozusagen als hauptsächliches Megaphon einer Kampagne – ist Social Media bei uns wohl (noch) zu schwach. Die Musik spielt bei solchen Kampagnen nach wie vor in den Leitmedien. Hier kann man Social Media nutzen, um vor allem auch mit Journalistinnen und Journalisten zu kommunizieren, die dann idealerweise auf eine Person oder ein Thema aufmerksam werden und im redaktionellen Teil darüber berichten.